BIRDLIFE

Die isolierte Lage der 18 färöischen Inseln wirkt fast wie ein Magnet auf den Vogelzug über den Nordatlantik.

Wegen der außergewöhnliche Lage der Färöer Inseln lassen sich hier nicht nur Vögel aus dem Osten nieder. Auch einige nordamerikanische Vogelarten sind auf den Färöern schon gesichtet worden. Es gibt nur eine Handvoll einheimischer Vogelarten, weshalb die Chancen, auf eigene Faust seltene Vogelarten zu beobachten, sehr groß ist.

Seltene Vogelarten kommen überall auf den Inseln vor, aber die Tendenz ist eher dass besonders viele Vögel an den äußersten nördlichen, südlichen, östlichen und westlichen Orten zu sehen sind, jeweils abhängig vom vorherrschenden Wind. Das lässt sich dadurch erklären, dass die Vögel auf ihrem Flug über den Atlantik diese Orte zuerst sehen. Deshalb sind Inseln wie Svínoy, Fugloy, Mykines und Suðuroy einige der besten Orte um Zugvögel zu sichten. Mit Hilfe der lokalen Touristinformation kann man zu jeder Jahreszeit Unterkünfte an den meisten Orten mieten.

Die Landschaft ist sowohl ein Vorteil als auch eine Herausforderung. Aus Mangel an Bäumen halten sich Vögel oft in den Gärten der Dörfern auf, oder sie suchen Schutz in angelegten Parks. Manchmal sind diese Anziehungspunkte voller Vögel, worüber sich die Vogelbeobachter natürlich freuen. Im Herbst 2009 wurden in einem einzigen Garten zwei Grünlaubsänger, zwei Gelbbrauen-Laubsänger, eine Sperbergrasmücke, zwei Zilpzalps, eine Singdrossel und eine Ringdrossel gesichtet. Wenn es sich also um Vögel handelt, die sich gern in Gärten aufhalten, wird es ziemlich einfach sein sie zu finden. Andere Vogelarten wie Pieper und Rohrammer, die grasbewachsene Felder bevorzugen, haben auf den Inseln jedoch so viel geeigneten Lebensraum, dass es schwierig sein kann, sie zu finden.

Auf den Färöern wurden ungefähr 300 verschiedene Vogelarten gezählt, aber nur rund 100 davon sind gewöhnliche Zugvögel oder Brutvögel. Das bedeutet, dass ungefähr 200 Arten seltene Zugvögel darstellen, und jedes Jahr werden neue Vögel der nationalen Vogelliste hinzugefügt.

VOGELZUG IM FRÜHJAHR

Im Frühjahr kommen vor allem Zugvögel auf die Färöer, die weiter Richtung Norden, weg von ihren Brutgebieten, fliegen. Das bedeutet, dass Vögel aus Mittel- und Südeuropa auf den Färöern auftauchen können, wenn es die Wetterbedingungen im Frühjahr erlauben. Einige Vögel, die im Mai ankommen, bleiben und versuchen hier zu brüten. Beispielsweise wurden sowohl eine männliche als auch eine weibliche Weißbartgrasmücke von Mitte Mai bis mindestens Juni gesichtet. Das Männchen balzte, und die Vögel zogen einen bestimmten Busch in einem Garten in Trongisvágur auf der Insel Suðuroy vor.

Sperlingsvögel können überall gesichtet werden, wenn der Wind im Mai aus Südosten kommt. Auch seltene Vogelarten sind unter den gewöhnlichen Zugvögeln in jedem Garten und jedem Baum zu sehen. Einige der wirklich interessanten Vögel, die im Frühjahr innerhalb von nur zwei Wochen zu sehen waren, sind ein Wacholderlaubsänger, eine Maskengrasmücke und nicht weniger als fünf Weißbartgrasmücken.

VOGELZUG IM HERBST

Der Herbst ist wahrscheinlich die interessanteste Zeit, um seltene Vogelarten zu beobachten. Beim Vogelzug im Herbst sieht man sowohl Zugvögel aus Skandinavien als auch Vögel aus dem fernen Osten, die den sogenannten umgekehrten Vogelzug durchführen, indem sie zum Beispiel nach Nordwesten statt Südosten fliegen. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine große Anzahl der Gelbbrauen-Laubsänger jedes Jahr auf den Färöern gesichtet werden. Dieser Vogel ist ein kleiner Laubsänger, dessen Brutgebiet nicht weniger als 3.500 km weiter östlich liegt. Ein anderer, oft gesehener Zugvögel im umgekehrten Vogelzug, ist die Sperbergrasmücke. Ungefähr eine von zehn Grasmücken auf den Färöern ist eine Sperbergrasmücke.

Die meisten Vögel aus dem Osten kommen an Tagen mit Ostwind an. Zwischen August und November ist der Ostwind fast eine Garantie für Zugvögel. Wie im Frühjahr bevorzugen die Vögel die Orte, die sie auf ihrem Flug über den Atlantik zuerst sehen. Die Inseln Svínoy, Mykines und Suðuroy sind deshalb gut geeignete Orte, um Vögel zu beobachten, aber Seltenheiten können natürlich überall auftreten. Aus Mangel an Wäldern und Bäumen ziehen viele Vögel in die Dörfer, Gärten und angelegten Parks/Plantagen. Zu den erfolgreicheren Aufzeichnungen von östlichen Zugvögeln im Herbst gehören drei Petschorapieper an einem Tag, zwei Blauschwänze in drei Tagen, ein Streifenschwirl und zwei Erddrosseln.

Auch amerikanische Vögel wie zum Beispiel die nordamerikanische Rohrdommel, die Nachtfalke, das amerikanische Blässhuhn und der Kanadakranich sind im Herbst schon auf den Färöern gesichtet worden. Interessanterweise wurden ein Brauenwaldsänger, der aus Nordamerika stammt, und ein Gelbbrauen-Laubsänger aus Sibirien fast gleichzeitig in einem Netz für Vogelberingung in Sumba auf der Insel Suðuroy gefangen. Die Ankunft der amerikanischen Sperlinge hängt von bestimmten Wetterbedingungen ab: ein Tiefdruck muss sich schnell Richtung Norden bewegen, zuerst an der nordamerikanischen Ostküste entlang, dann östlich von Neufundland und schließlich auf den Färöern im bestenfalls innerhalb von 48 Stunden ankommen.

Alles in allem gehören die Färöer Inseln zu den am wenigsten erforschten Ländern in Westeuropa, wenn es um die Vogelbeobachtung im Frühjahr und im Herbst geht. Keine regelmäßigen Zählungen werden durchgeführt; nur gelegentlich sind Vogelberingungen wie zum Beispiel mit einer Helgoland Falle auf der Insel Nólsoy durchgeführt worden. Deshalb wissen wir, dass die Faroer Inseln viel Potential für die Vogelerkundung bietet, wahrscheinlich genau so großes Potential wie die Shetland Inseln, wo schon viele neue Vogelarten in Europa aufgezeichnet wurden. Weil es nur wenige Vogelbeobachter auf den Färöern gibt, haben Sie hier die Chance, Seltenheiten zu entdecken. Auf den Faroer Inseln können Sie auf eigene Faust Vögel beobachten, für die andere Menschen sonst meilenweit reisen!

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